Bedürfnisorientierung JA – Verwöhnen NEIN

Kurz vor dem Mittagessen will Anne unbedingt ein Eis essen. Marie, acht Monate, wacht nach ihrem Mittagschlaf auf und schreit. Nach der Einschlaf-Geschichte verlangt Jonas eine weitere. Obwohl du Tim gerade erst gewickelt hast, scheint die Windel schon wieder voll zu sein. Erfüllst du Wünsche oder befriedigst du Bedürfnisse? Woher weißt du woran du bist?

Im ersten Lebensjahr ist es nicht möglich, Kinder zu verwöhnen. Hier geht es um ultimative, vollumfängliche Bedürfnisbefriedigung. Erst wenn ein Kind mit ca. zwei Jahren seinen Willen entdeckt, sich als eigenständige Person wahrnimmt, wird es ernst. Jetzt liegt es an dir, Bedürfnisse von Wünschen unterscheiden zu können. 

Grundbedürfnisse

Nach wie vor gilt, Grundbedürfnisse müssen befriedigt werden, so schnell als möglich, so umfänglich als möglich. Kinder sind nicht dafür verantwortlich, dies selbst zu tun. Das ist dein Part, solange sie bei dir sind. Oder kannst du dir vorstellen, dass Tim mit seinen 1,5 Jahren sich selbst wickelt und den Po sauber macht? Oder soll sich Marie ihren Snack nach dem Mittagschlaf selbst zubereiten? 

Also, kurz noch mal zur Wiederholung. Das sind die Grundbedürfnisse 

  • genug Nahrung und Flüssigkeit 
  • ein regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus 
  • Körperpflege 
  • Gesundheitsfürsorge  
  • Körperkontakt 
  • Fürsorge  
  • Schutz 

 Diese werden erfüllt, ohne WENN und ABER. Die nächsten drei Bedürfnisse vervollständigen dann die optimale Entwicklung eines Kindes: 

  • Förderung  
  • Wertschätzung 
  • Teil einer Gemeinschaft sein 

Jetzt weißt du aber immer noch nicht, wie das mit den Wünschen und dem Verwöhnen ist, stimmt‘s? Du willst wissen, wann kannst du einen Wunsch erfüllen und wann läufst du Gefahr, ins Verwöhnen zu rutschen.  

Tja, wenn ich dir das so spontan in einem Satz beantworten könnte, dann wäre ich wahrscheinlich Gerald Hüther, Jesper Juul und Emmi Pikler in einer Person und steinreich. Doch keine Sorge, ein paar Tipps habe ich dir. 

1. Fachwissen

In erster Linie musst du die Bedürfnisse von Kindern kennen, dir also Fachkenntnisse aneignen (kannst du gerne in unserer Akademie umschauen). In welchem Alter, in welcher Entwicklungsphase stehen welche Bedürfnisse im Vordergrund beispielsweise.  

2. Umsetzen in die Praxis

Der zweite Tipp ist, dieses Fachwissen mit deinen konzeptionellen und erzieherischen Vorstellungen in Einklang bringen. Du wirst dir also „Regeln“ überlegen müssen. Regeln, die deinen Tag strukturieren. Regeln, die das Zusammenleben mit den Kindern gestalten. Denn, sobald ein Kind mit ca. zwei Jahren in die Autonomiephase eintritt, wirst du täglich deine Regeln mit den Vorstellungen und Wünschen des Kindes abgleichen und neu verhandeln müssen. Nehmen wir nochmal das Beispiel unserer Anne mit ihrem Eis vor dem Mittagessen. Gehört dieses Eis zu deinen konzeptionellen und erzieherischen Vorstellungen? Gehört dieses Eis zu Annes Bedürfnissen, die unbedingt erfüllt werden müssen, weil sie sonst in einem oder mehreren Entwicklungsbereichen Schaden nehmen würde? Nein, sicher nicht! Also handelt es sich um einen Wunsch und nicht um ein Bedürfnis. Ich gehe davon aus, dass du mir hier zustimmst. 

Was passiert, wenn du Anne diesen Wunsch erfüllst und du von deinen Regeln abweichst? Anne wird sich freuen, das Eis essen und sicherlich das kurz darauffolgende Mittagessen verweigern. Sie lernt, dass sie dich steuern kann, dass sie Einfluss auf dein Verhalten hat. Per se nicht negativ. Aber sie wird weiter ausprobieren und schauen, was sie noch erreichen kann. Solltest du weiter nachgeben, wird sie langfristig die Tagesstruktur einbüßen, die Orientierung verlieren, wer denn hier die Verantwortung trägt, wer die für die Entwicklung wichtigen Entscheidungen trifft. Langfristig verliert sie Sicherheit und Vertrauen. 

Was ist denn nun verwöhnen?

Entscheidungen, die Kinder treffen, die aber nicht in ihre Entscheidungsverantwortung gehören, ist VERWÖHNEN. Oft hat das fatale Folgen, wie z.B. Wutausbrüche, geringe Frustrationstoleranz, mangelnde Empathie. 

Ich höre dich schon sagen, NEIN, das will ich nicht. Stimmt‘s? Du willst Bedürfnisse von Wünschen unterscheiden und konsequent handeln. Leicht gesagt, glaub mir. Die Realität stellt sich oft anders dar.  

  • Sara will ihre neuen Sandalen anziehen und es ist ihr piep-egal, dass es draußen Minusgrade hat. 
  • Sandro schmeißt sich im Supermarkt auf den Boden und schreit, schreit, schreit, weil du ihm gerade die Süßis verweigert hast. 
  • Du musst um 12.30 Uhr dein Tageskind aus dem Kindergarten abholen und Sina ist nicht zu bewegen, Schuhe und Jacke anzuziehen oder sich helfen zu lassen. 

Du kennst solche Situationen zur Genüge. 

Mir hilft dann tatsächlich, mir die langfristigen negativen Folgen vor Augen zu halten, um konsequent bleiben zu können und die Situationen aushalten zu können. Denn für die Kinder und ihre Entwicklung lohnt es sich. 

Wenn du mehr zu diesem Thema oder auch anderen wissen willst, schau Dich mal hier bei uns um. Ich bin mir sicher, da ist noch einiges dabei, was dich interessiert. 

 Deine Tagesmütterheldin Manuela 

 

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